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SÜD-OST 10|2015

21 gie und der Übersetzungspraxis führt. Der Wunsch nach einem geordneten Haus- halt lässt Bürger schließlich eine dritte Ehe eingehen – die wohl unglücklichste von al- len. Elise Hahn, eine begeisterte Verehrerin von Bürgers Dichtung, verfasst für ihn ein Liebesgedicht, in dem sie Bürger darum bittet, ihr Mann zu werden. Im Septem- ber 1790 folgt nach ausführlichem Brief- wechsel und einem Besuch Bürgers die Eheschließung der beiden. Sie bekommen einen gemeinsamen Sohn, Agathon, der kränklich und geistig behindert ist. Bürger gibt seiner Frau die Schuld daran. In seinen Augen ist Elises regelmäßiges Feiern bis tief in die Nacht der Grund für ihr früh- zeitiges Milchversagen, worin er die Erklä- rung für den Zustand seines Sohnes sieht. Doch nicht allein dieser Vorwurf wird der Ehe zum Verhängnis, auch Elises Untreue bringt sie zum Scheitern. Bürger erwischt seine Frau in flagranti mit einem Philoso- phiestudenten, findet zudem äußerst kom- promittierende Briefe des Grafen Friedrich August von Hardenberg und beobachtet seine Frau durch Löcher,die er in die Wand gebohrt hatte, beim Liebesspiel. Elises ehe- brecherischem Treiben, in Göttingen längst ein offenes Geheimnis, begegnet Bürger schließlich mit einer Klage. So wird Elise 1792 durch das Universitätsgericht schul- dig gesprochen; noch im gleichen Jahr kommt es zur Scheidung. Die letzten Lebensjahre Bürgers zeichnen sich durch seelischen Kummer und materi- elle Not aus: Um Geld zu verdienen, wid- met sich Bürger literarischer Lohnarbeit in Form von Übersetzungsanfertigungen für Buchhändler. Schließlich erkrankt er an Schwindsucht, der er körperlich und seelisch nichts mehr entgegenzusetzen hat. Der Stimmverlust durch die Schwindsucht macht es ihm unmöglich weiterhin Vor- lesungen zu halten, sodass er keine Kolle- giengelder mehr erhält. Bürgers Bitte um Gehalt beim Universitätskuratorium wird nicht bewilligt, stattdessen erhält er ledig- lich eine einmalige Unterstützung in Höhe von 50 Talern. Am 8. Juni 1794 stirbt Gott- fried August Bürger gesellschaftlich isoliert und verarmt an den Folgen der Schwind- sucht. An den Namensgeber der Bürgerstraße er- innern neben seinen „Wunderbaren Reisen des Freiherrn von Münchhausen“, ein bis heute bekannter Beitrag zur Populärkultur, die Gedenktafel in der Roten Straße 28, sein Grab auf dem Bartholomäusfriedhof sowie sein Denkmal in den Gauß-We- ber-Anlagen. (sl) Schon gewusst ...? Die Bürgerstraße war die erste Straße in Göttingen, die den Namen einer bedeuten- den Persönlichkeit erhalten hat. Bis zum 03. Juni 1864 wurden alle Straßen mit Hinweis auf ihre Funktion (religiös, politisch, wirtschaftlich, militärisch) oder in Hinsicht auf topographische Besonderhei- ten benannt. Bürgerstraße (Foto: db)

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